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nebumind is in the news: Wolke aus Messdaten

11/03/2020

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Gipfelstürmer: Wolke aus Messwerten

Das Münchner Start-up Nebumind will die Qualität beim 3-D-Druck in der Raumfahrt sicherstellen.

Plötzlich ist er da, der Produktionsfehler. Doch wo kommt er her? Viele Firmen haben Probleme, die Ursache für auftretende Mängel herauszufinden. „Prozesse und Prozessketten sind heutzutage so kompliziert geworden, dass auf Basis von Erfahrung entschieden werden muss“, sagt Caroline Legler. „Man hat einfach nicht die Zeit, um Fehler mühselig zurückzuverfolgen.“ Das will sie ändern. Ihr Start-up Nebumind entwickelt Software, die solche Fehler erkennt und bei der Ursachenforschung hilft.

Ihr Münchner Start-up Nebumind ist zwar vor allem in der Raumfahrtindustrie tätig, die Gründer entwickeln aber keine Satelliten oder Raketenteile, sondern Software, die die Qualität von Bauteilen sicherstellen soll. Untergebracht ist Nebumind auf dem Ludwig-Bölkow-Campus für Start-ups in Taufkirchen, der von Airbus, Siemens und IABG finanziert wird. Dass sie gerade dort gelandet sind, kommt auch daher, weil Caroline Legler und ihr Mitgründer Franz Engel die Grundidee in einem Spin-off von Airbus entwickelt, 2018 aber eine eigene Firma gegründet haben.

„Es ging letztlich darum, eine Sensorik zu entwickeln, um die Qualität von Bauteilen zu prüfen“, sagt Legler. Dies haben die studierte Kauffrau und der Ingenieur nun weiter entwickelt, deswegen müssen sie sich auch nicht mit Patentfragen herumschlagen. „Bei Nebumind gehen wir einen Schritt weiter und nutzen die Daten von Sensoren und Maschinen, um Bauteile, Prozesse und Maschineneinstellungen zu optimieren“, sagt die 32-Jährige.

Zum Beispiel könnte der Boden der Fabrikhalle unbemerkt vibrieren, weil ein Zug oder Gabelstapler vorbeifährt, während der 3-D-Drucker den Punkt ausschmilzt. „In vielen Fällen ist es billiger, den Fehler zu akzeptieren und zu reparieren, da eine Rückverfolgung zu aufwendig ist. Unsere Software reduziert diesen Aufwand erheblich“, sagt Legler.

 

Die Software analysiert bei jedem Bauteil verschiedene Variabeln

Die beiden Gründer beugen sich über eine Illustration auf ihrem Notebook, zu sehen ist die Komponente einer Turbine, die mit einem 3-D-Drucker gefertigt wird. Der obere Teil ist rot eingefärbt, was bedeutet, dass es hier im Produktionsprozess eine deutliche Temperaturanomalie gab, die zu Qualitätsmängeln führen kann. Und so analysiert die Software bei jedem Bauteil verschiedene Variabeln, um zu prüfen, ob es während der Produktion zu Abweichungen kommt: Neben der Temperatur zählt dazu beispielsweise auch die Geschwindigkeit oder die Rotation der Roboterachsen.

„Wir nehmen eine Anzahl guter Bauteile und bilden daraus ein Referenzmodell“, sagt Engel, 38. „Durch das Modell wird klar, ob es im oberen Bereich eine höhere Temperatur geben darf. So können auch künftige Bauteile während der Produktion hinsichtlich Qualität überwacht werden.“

Die Software nutzt alle Produktionsdaten einer Maschine und kann damit digitale Zwillinge jedes Bauteils erstellen. Das kann etwa ein 3-D-Teil für eine Turbine sein, aber auch ein Carbonflügel, der schnell eine halbe Million Euro kosten kann. „Oft wird bei Flugzeugflügeln und anderen großen Bauteilen eine bestimmte Prozesstemperatur für das gesamte Bauteil gefordert“, sagt Engel. „Aus verschiedenen Gründen kann diese an bestimmten Stellen abweichen, was zu hohem Ausschuss führt.“ Mit der Software könne der Ingenieur nun überprüfen, „ob eine erhöhte Temperatur an einer bestimmten Stelle doch ok ist“. Ansatz der Software sei eine umfangreiche Datenspeicherung, womit für jede einzelne Komponente die gesamte Fertigungsgeschichte dokumentiert wird.

„Dadurch können wir auch bei einem Schaden im Betrieb, wie etwa ein Haarriss am Flugzeugflügel, schnell herausfinden, welche Bauteile noch betroffen sind“, sagt Engel. Bisher habe man sich die Daten mühsam aus Excel-Tabellen zusammen gesucht, was Monate dauern kann. Nun könne man eine Analyse in zwei Wochen abarbeiten. Die Datenbank wird in Echtzeit aktualisiert und ist weltweit abrufbar. Engel nennt es „eine Wolke aus Messwerten“. Ingenieure können mit der Software komplexe Daten visualisieren und verstehen, „ohne dass man gleich einen Data-Scientist an Bord haben muss“, so Engel.

Nebumind will mit der Software nicht nur den 3-D-Druck optimieren, sie soll auch für die Carbonverarbeitung oder beim Fräsen eingesetzt werden. „Ziel ist es, irgendwann die komplette Produktion abbilden zu können“, sagt Legler – branchenunabhängig. Dazu gehöre es auch, „Maschinen schneller einzufahren“, was eineinhalb Jahre dauern könne.

„Diese Zeit können wir reduzieren.“ Nebumind habe erste Aufträge, mit denen sich die Firma finanzieren kann. Während Mitbewerber die Produktivität der Maschinen analysieren würden, schaue Nebumind auf die Qualität des Bauteils. Zu den Kunden gehören MT Aerospace und Liebherr. „Wir schieben deshalb die erste Investor-Finanzierungsrunde vor uns her“, sagt Legler. „Wir gucken, wie lange wir es selbst hinkriegen.“

 

Zum fünften Mal schreibt die SZ den Gründerwettbewerb Gipfelstürmer aus. Die Finalisten pitchen im November beim SZ-Wirtschaftsgipfel in Berlin. Die SZ begleitet den Wettbewerb mit Salons in ausgewählten Städten. Mehr unter www.sz-wirtschaftsgipfel.de/gipfelstuermer

© SZ vom 11.03.2020